David
Lamelas
Der Konzeptkünstler David Lamelas (geb. 1946 in Buenos Aires) kam 1998 als DAAD-Stipendiat nach Berlin. Sein künstlerisches Œuvre entzieht sich jeder Kategorisierung. Lamelas’ Arbeiten umfassen minimalistische Konstruktionen, ortsspezifische Interventionen, raumgreifende Installationen, medienüberspannende Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien, Filme, Videos und interaktive Performances. Allen Arbeiten gemeinsam ist die Beschäftigung mit Zeit, Raum und Sprache sowie Fragen nach alternativen Kommunikations- und Erkenntnisprozessen.
Im Rahmen seines Stipendiums entstand eine Videoarbeit, die von Lamelas selbst angefertigte Luftaufnahmen von belebten Kreuzungen und Plätzen in Berlin zeigt. Er überflog diese Orte mehrmals täglich zu unterschiedlichen Tageszeiten. Mit der Arbeit knüpfte Lamelas – einer der Pioniere der Konzeptkunst der 1960er und 70er Jahre – an die fortlaufende Serie „Time as Activity“ an, die 1969 als experimentelle Filmreihe in Düsseldorf begann. An drei Drehorten hielt er das Alltagsleben in der Stadt fest. Lamelas führte das Projekt bis 2017 fort und weitete es auf Los Angeles, Warschau und New York aus. In den Filmen und Videos verknüpfte er seine künstlerische Praxis mit den kulturellen und sozialen Orten, an denen er lebte.
Lamelas studierte in Buenos Aires Bildhauerei und ging 1968 nach London an die St. Martin’s School of Art, wo er neben dem Studium der klassischen Bildhauerei mit dem Filmen begann. International bekannt wurde er 1968 auf der Venedig Biennale, als er mit nur 21 Jahren sein Heimatland mit dem konzeptuellen Werk Office of Information about the Vietnam War on Three Levels: The Visual Image, Text and Audio vertrat. So wurde Marcel Broodthaers auf Lamelas aufmerksam, der ihn in die europäische Kunstszene einführte. 1976 zog er nach Los Angeles und in den späten 1990er Jahren weiter nach New York. Der rastlose, oft als „nomadisch“ betitelte Kosmopolit Lamelas, der sich in der globalen Kunstwelt Südamerikas, Europas und der USA mühelos bewegte, beschäftigt sich intensiv mit Wahrnehmung und Wirkung eines Kunstwerks durch seine BetrachterInnen, denn für ihn steht die öffentliche Interaktion im Vordergrund. Seiner Überzeugung nach kreiert stets das Publikum das Werk. So verglich er auch das Betrachten eines Kunstwerks mit dem Lesen eines Buches: das Buch werde erst dann zum Buch, wenn seine LeserInnen die Texte lesen und diesem Sinnhaftigkeit verliehen.
Lamelas tritt für einen erweiterten Begriff von Skulptur ein. So schreibt er: „Ich glaube, Skulptur kann jegliche Dimension, jegliche Form, jegliches Medium annehmen.“ Diese Aussage verrät viel von seinem Kunstverständnis, demzufolge das Medium eines Werks vom Konzept bestimmt wird und sich aus der Idee heraus ergibt. Lamelas’ Ansicht nach führen Kunstwerke ein Eigenleben, das sich mit der Zeit verändern kann. Der Künstler geht sogar so weit zu sagen, Kunstwerke seien vergleichbar mit Freunden und würden wie diese kommen und gehen. Manche begleiten einen ein ganzes Leben lang, manche nur für einige, signifikante Augenblicke.
Text: Laura Windisch