Maria
Lassnig
Maria Lassnig (geb. 1919 in Kappel am Krappfeld, Kärnten; gest. 2014 in Wien) war 1978 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD (BKP) und blieb zwei Jahre in der Stadt, bis sie 1980 61-jährig als Professorin an die Hochschule für Angewandte Kunst in Wien berufen wurde. Bereits während ihres Kunststudiums flog sie 1944 aus einer Malklasse, weil sie ein Selbstporträt nicht in Naturfarben gemalt hatte, und wurde als „entartet“ beschimpft. In den 1950er Jahren malte sie, vom Surrealismus beeinflusst, abstrakt-informell, konnte sich jedoch nur schwer gegen erfolgreichere männliche Kollegen durchsetzen. Anfang der 1960er Jahre lebte sie in Paris und emigrierte 1968 nach New York, wo sie einen Schnellkurs für Zeichentrickfilmer besuchte und in Heimarbeit Kurzfilme produzierte, die heute als Meilensteine der Avantgarde und der feministischen Kunst gelten. In ihrer Malerei, die jedoch erst viel später institutionelle Anerkennung erhielt, fand Lassnig in ihren eigenen Worten auf der Suche nach einer inneren Realität, die mehr in ihrem Besitz sei als die Außenwelt, das von ihr „bewohnte Körpergehäuse“. Sie nannte ihre Malerei erst „introspektive Erlebnisse“, dann „Body Awareness Paintings / Körperbewusstseinsbilder“. Ihre zahlreichen, seit Anfang der 1960er Jahren entstandenen Selbstporträts und -akte behandeln in oft giftigen Farben den eigenen, sich verändernden Körper, und damit verbunden Themen wie Feminismus, Fruchtbarkeit, Mensch und Tier, Mutter-Tochter-Beziehung, Krebsangst, Krankheit, Schmerz und Tod.
Im Oktober 1978 hatte sie eine vom BKP organisierte Ausstellung im Haus am Lützowplatz, die sich insbesondere ihren Selbstporträts mit Tieren widmete – etwa Selbstportrait mit aufgespießtem Schweinchen (1975), Woman Laokoon (1976) oder Fliegen lernen (1968) – zu der auch ein vom BKP herausgegebener Katalog erschien. Am 25. Oktober wurden im Kino Arsenal neun ihrer Trickfilme gezeigt, darunter der 10-minütige Art Education, eine feministische Auslegung berühmter Gemälde von Michelangelo oder Vermeer, und am Tag darauf präsentierte Lassnig dort unter dem Titel „Women Artist Filmmakers“ eine Gruppe New Yorker Künstlerinnen, die ihr jeweiliges Medium in Richtung Film ausgedehnt hatten. An dem Filmabend im Arsenal lernte Lassnig auch Ulrike Ottinger und Tabea Blumenschein kennen, die sie daraufhin in ihr Atelier am Käuzchensteig im Grunewald einlud und porträtierte.
1980 vertrat Maria Lassnig zusammen mit Valie Export Österreich auf der Venedig Biennale, 1982 nahm sie an der documenta 7 teil und 1983 widmeten ihr der Kunstverein München und das Museum Kunstpalast Düsseldorf eine erste Retrospektive der Jahre 1949 bis 1982. Das Haus am Waldsee präsentierte 1983 die Ausstellung Zeichnungen, Aquarelle, Gouachen 1949–1982, die bis 1984 in verschiedenen Museen in Deutschland gezeigt wurde. 2013 erhielt sie auf der Venedig Biennale den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk, 2014, im Jahr ihres Todes, wurde sie vom MoMA PS1 mit einer Einzelausstellung gewürdigt.
Text: Eva Scharrer