Christian Ludwig
Attersee
Christian Ludwig Attersee (geb. 1940 in Pressburg/Bratislava als Christian Ludwig) war 1971 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD (BKP). Anfangs stand Attersee der Objekt- und Aktionskunst nahe, ab Mitte der 1960er Jahre entstehen die für ihn typischen Objekterfindungen wie Speisekugel und Speiseblau oder das Attersteck. Diese Gegenstandserfindungen wurden von ihm später auf Leinwandbildern und Farbzeichnungen festgehalten – durch die Einbindung von Musik, Sprache, Fotografie, Film usw. entstand eine neue Form des Gesamtkunstwerks. 1967 war Attersee zusammen mit den befreundeten Künstlern Wolfgang Bauer, Otto Mühl, Hermann Nitsch, Gerhard Rühm und Oswald Wiener Mitveranstalter des „Zockfestes“, eines Aktionsabends in Wien. 1968 zeigte der österreichische Fernsehfilm Count-down eine Reihe seiner Aktionen, und 1969 drehte das Deutsche Fernsehen einen zweistündigen Farbfilm über Attersees Erfindungen, Objekte, Bilder und Texte, wozu auch eine von ihm besungene Schallplatte erschien – Attersee trat auch als Rock‘n’Roll-Sänger in Tanzlokalen auf und entwickelte eine eigene Gesangssprache. Seine bildnerische Tätigkeit fasste er in Werkgruppen zusammen – so entstanden in den 1960er und 1970er Jahren Zyklen zur Essens-Welt, zu Alltagsgegenständen, zu Schönheit und Kosmetik sowie die Zyklen „Segelsport“, „Servierlust und Serviettenallerei“ und „Triebstör und Schwarzbesamung“. In der Folge traten Zeichnung und Tafelbild stärker ins Zentrum; besondere Bedeutung kam dabei den Themen Sexualität und Naturerfahrung zu. In Berlin plante der umtriebige Vertreter der österreichischen Pop Art eine Grafikmappe seiner Erfindungen zu realisieren, zusammen mit Oswald Wiener ein Comicbuch zu vollenden und mit dem Berliner Fernsehen einen Revuefilm „im Stile seiner Arbeit“ zu drehen. Im September 1972 wurde die Ausstellung Attersee. Zyklus Segelsport. Bilder und Zeichnungen. Berlin 1971–72 in Zusammenarbeit mit dem BKP in der Berliner Galerie Springer gezeigt, wozu auch ein gemeinsam verlegter gleichnamiger Katalog erschien. 1986 kehrte Attersee anlässlich seiner Einzelausstellung Bilder 1977–1986 in der Nationalgalerie nach Berlin zurück – zur Vernissage im Kunstforum der GrundkreditBank gab es Livemusik.
Attersee war Teilnehmer der documenta 6 in Kassel (1977) und vertrat 1984 Österreich auf der Venedig Biennale. Bereits seit Anfang der 1980er Jahre gab es einige bedeutende Retrospektiven seines Schaffens im Museum des 20. Jahrhunderts, Wien, im Stedelijk Van Abbemuseum, Eindhoven, im Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad, im Künstlerhaus Wien, in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, und im Stedelijk Museum, Amsterdam. 1990 wurde er an die Hochschule für angewandte Kunst in Wien berufen und 1992 zum ordentlichen Professor für die Meisterklasse Malerei, Animationsfilm und Tapisserie ernannt.
Text: Eva Scharrer