David
Maljković
In seinen Installationen, Videos und Collagen beschäftigt sich David Maljković (*1973) nicht nur mit Aspekten der wechselvollen Geschichte seines Heimatlandes Kroatien und den ökonomischen und kulturellen Konsequenzen der Transformation von einer kommunistischen zu einer kapitalistischen Gesellschaftsform, sondern er reflektiert dabei gleichzeitig immer auch die Geschichte der eigenen Arbeit.
Das einzelne Werk ist bei Maljković praktisch nie abgeschlossen – mit jeder neuen Präsentation durchlaufen ältere Arbeiten, ja ganze Ausstellungspräsentationen als Rohmaterial verschiedene Phasen des Recyclings, wobei sowohl Form wie auch Inhalt immer wieder aufs Neue befragt werden. Die Inszenierung, die Verwendung von Sockeln oder sichtbarer Ausstellungsarchitektur dient dabei oft der bewussten Irritation und ist integraler Bestandteil der Arbeit. So wurden zum Beispiel Installationsansichten seiner Ausstellung im Palais de Tokyo 2014 zu einer schwarz-weißen Fototapete verarbeitet, die wiederum als Hintergrund für seine Ausstellung bei Metro Pictures, New York im darauffolgenden Jahr diente. Auf den Fotos sieht man zwei weiße Projektionsleinwände frei im Raum stehen, auf die jeweils eine neu editierte Version des HD Videos Out of Projection (2009–14) und die Diaprojektion In Low Resolution (2014) projiziert wurden. Das Video zeigt ehemalige Mitarbeiter einer Peugeot-Fabrik auf einer Teststrecke des Herstellers in Frankreich. Die in schwarz-weiß gefilmten Gestalten bewegen sich langsam, scheinbar außerhalb der Zeit, zwischen futuristisch anmutenden, nie in Serie gegangen Prototypen der Marke Peugeot. Diese Prototypen aus der Vergangenheit waren wiederum Bestandteil architektonischer Kulissen der kroatischen Modernismus Bewegung, mit denen sich Maljković bereits in der früheren Arbeit Lost Review (2008) auseinandergesetzt hatte. Standbilder aus dem Video tauchen, auf Aluminium aufgezogen, in einer gleichnamigen Collageserie wieder auf, wobei einzelne Sektionen mit dem Messer ausgeschnitten wurden. Die Diaprojektion zeigte Bilder aus Maljkovićs Archiv, die jedoch wie in Selbstzensur durch Verpixelung teilweise unkenntlich gemacht waren.
Die erste umfassende Ausstellung seiner Arbeiten in Kroatien fand ebenfalls 2015 unter dem Titel Retrospective by Appointment an vier verschiedenen Orten in Zagreb statt: der Nova Gallery, der HDD (The Croatian Designers Association), dem Atelier des Künstlers und bei Cinema Tuskanac, dem kroatischen Filmverband. In den vier unterschiedlichen Orten wurde Maljkovićs bisheriges Gesamtwerk – von frühesten Studentenskizzen bis zu Hauptwerken – in nicht-hierarchischer und nicht-chronologischer Weise gegenübergestellt, oder auch buchstäblich auf- und übereinander platziert, wobei die wichtigsten Themen und Methoden seiner Arbeitsweise zum Tragen kamen: individuelle und kollektive Beziehungen zur Komplexität von Zeit, das Prinzip der Collage, Selbstbezüglichkeit und Referenzen zur Arbeit anderer Künstler, die Verwendung früherer Arbeiten und Ausstellungsdisplays als Material. Die sorgfältig choreographierte Ausstellungserfahrung forderte den Blick des Betrachters heraus und befragte die Bedeutung einer Autonomie der Kunst.
Text: Eva Scharrer