Großbritannien, Bildende Kunst, 2013

James
Richards

Der Londoner Künstler James Richards (*1983 in Cardiff, GB) bedient sich für seine Videofilme bei den im Überfluss vorhandenen Quellen, die er im Internet findet oder auch auf gebrauchten VHS Kassetten aus Ramschkörben, Flohmärkten und Haushaltsauflösungen. Seine auf diese Weise zusammengetragene Sammlung an disparatem Videomaterial reicht von Spielfilmen, YouTube-Clips und obskuren B-Movies, zu anderen unerwarteten Motiven, wie etwa einer Videoanleitung zum Zeichnen von Gesichtern aus den achtziger Jahren. Dieses Material benutzt er wie eine Palette und stellt aus einzelnen, kurzen und unauffälligen Videoschnipseln eigene Narrativen zusammen. Im Zusammenwirken der verschiedenen filmischen Bildebenen entstehen heterogene Aufnahmen mit komplexen Formen. Oft greift der Künstler wiederholt auf die gleichen Referenzen zurück und verwendet sie, neu montiert, in anderen Arbeiten und Projekten weiter.

Richards Videocollagen verweigern sich konventionellen Mustern von Vollständigkeit oder Linearität und verlassen sich auf den emotionalen Sog der Suggestivkraft, der sich in der Kombination von Bildern, Musik und Sprache entfaltet. Dabei wird dem Betrachter, im Wechsel zwischen Vertrautem und Fremdem, Anreiz geboten, die eigene Vorstellungskraft zur Vervollständigung einzusetzen, sie aus der eigenen Erinnerung zu ergänzen und so zu einer subjektiven Lesart beizutragen.

Mit Bedacht setzen sich Richards Videobilder von der Kino-Ästhetik hochauflösender Bilder ab. Stattdessen verwendet er Strategien der Remixkultur, wie das unerwartete Loopen bestimmter Szenen oder das Zulassen von starkem Rauschen, Verzerrungen, kurzen Aussetzern oder sonstigen Fehler, die auf die spezifischen Merkmale einer Kopie hinweisen. Diese Art von Raubkopierer-Look verstärkt die poetische Verbindlichkeit und Unmittelbarkeit, nicht nur in der Distanz zum ursprünglichen Film, sondern auch in Bezug auf die Kultur individuell angefertigter Mixtapes, mit lesbaren oder kodierten Hinweisen auf heimliche Sehnsüchte.
Indem der Künstler seine Fragmente stets überarbeitet, schreibt er diesem öffentlich zugänglichen und an sich wertlosen Material eine persönliche Lesart ein. An immer wieder überraschenden filmischen Orten eines unendlich ausufernden Bilderteppichs entdeckt er entlegene Flecken. Hier eröffnet er dem Betrachter Raum für Reflektion und Poesie und macht ihn, in der Reibung zwischen dekonstruierten und funktionalen Bildern, zugänglich.

Text: Angela Rosenberg

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