Juri
Andruchowytsch
Juri Andruchowytsch wurde 1960 in Iwano-Frankiwsk, Ukraine, geboren. Spätestens seit der Veröffentlichung der deutschen Übersetzung seiner Essaysammlung „Das letzte Territorium“ (2003) ist er auch hierzulande einem breiteren Publikum bekannt und hat einen beeindruckenden Siegeszug durch die deutschsprachigen Feuilletons angetreten. Erfrischend im Ton, frei von Nostalgie, farbig im Detail, mal wütend, mal ironisch beschreibt er in den luziden, sprachlich brillanten Essays seines „poetischen Sachbuchs“ mit historischem Tiefgang die postsowjetische Realität der Ukraine: Lemberg und Kiew, seine Heimatstadt, das vormals galizische Stanislau, die Spuren des untergegangenen Galiziens insgesamt, sichtbare und unsichtbare Grenzen, die durch ein Land verlaufen, dem in den letzten Jahren die Menschen in Scharen den Rücken gekehrt haben, um den Verheißungen des Westens zu folgen.
In der Ukraine ist Andruchowytsch mit seiner Lyrik und seinen Romanen bereits zu einem Klassiker der Gegenwartsliteratur geworden. 1985, dem Jahr seiner ersten Buchveröffentlichung, einer Gedichtsammlung mit dem Titel „Der Himmel und die Felder“, gründete er mit Viktor Neborak und Oleksandr Irvaniets die für die ukrainische Literatur einflussreiche Gruppe „Bu-Ba-Bu“. Von 1989 bis 1991 studierte er am Moskauer Literaturinstitut Maxim Gorki. Im Anschluss an seine Moskauer Zeit arbeitete er fünf Jahre als Ko-Redakteur der Zeitschrift für Text und Vision Tschetwer. Andruchowytsch gründete darüber hinaus das Internetjournal Zug 76, das seinen Namen einer Bahnstrecke verdankt, die vor dem Ersten Weltkrieg große Teile Osteuropas miteinander verband. 2004 erschien auf deutsch „Mein Europa“, das mit dem polnischen Schriftsteller Andrzej Stasiuk verfasste Doppelportrait einer Landschaft, die sie gemeinsam bereist haben und in der sie leben: Mitteleuropa.
Juri Andruchowytsch erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2006.
„Juri Andruchowytsch … schreibt so spannend-weltläufig über seine Heimat, dass wir über unsere eigene Provinzialität erschrecken.“ (Ilma Rakusa, Neue Zürcher Zeitung)
Veröffentlichungen in deutscher Übersetzung:
Links, wo das Herz schlägt, in: Letzter Besuch in Tschernobyl. Ukrainische Erzähler der Gegenwart.
(Kranichfeld, Marburg, 1994. Ausgewählt und Übersetzung von Anna-Halja Horbatsch)
Spurensuche im Juli
(Brodina Verlag, Reichelsheim, 1995. Aus dem Ukrainischen von Anna-Halja Horbatsch)
Stanislau, in: Europa erlesen. Galizien
(Wieser, Klagenfurt, 1998. Übersetzt von Alois Woldan, herausgegeben von Stefan Simonek und Alois Woldan)
Mittelöstliches Memento, in: Transit. Europäische Revue, No. 20
(2000/2001. Aus dem Polnischen von Martin Pollack)
Das letzte Territorium. Essays.
(Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2003. Aus dem Ukrainischen von Alois Woldan)
Mein Europa. Zwei Essays über das so genannte Mitteleuropa (gemeinsam mit Andrzej Stasiuk)
(Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2004. Aus dem Ukrainischen von Sofia Onufriv und aus dem Polnischen von Martin Pollack)
Zwölf Ringe
(Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2005. Aus dem Ukrainischen von Sabine Stöhr)
Moscoviada
(Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006. Aus dem Ukrainischen von Sabine Stöhr)