Konrad
Korabiewski
Konrad Korabiewski ist ein Wanderer – er durchstreift die Länder Europas wie die musikalischen und künstlerischen Genres ihrer Kulturen. Bereits in seiner polnischen Heimat agierte der Künstler in audiovisuellen Kontexten, für die er experimentelle elektronische Klänge mit atmosphärischen oder rhythmischen Passagen mischte und Feldaufnahmen oder Live-Übertragungen in Echtzeit gestaltete.
Neben Live-Performances mit computergenerierten Klangfeldern erarbeitete Korabiewski mit Maciej Walczak 2002 eine audiovisuelle Opern-Variation von Giuseppe Verdis Falstaff. Hierbei schufen die beiden Künstler aus einer Live-Übertragung der Oper mittels Elektronik eine zeitgleich entstehende, experimentelle audiovisuelle Variation der Oper. Sowohl Klänge als auch Bilder modulierten sich gegenseitig, wurden verfremdet, gemischt, gefiltert, ließen aber für Momente die übertragene Realität durchschimmern. Daran anknüpfend entwickelte Korabiewski während seiner Zeit in Dänemark ein sensibles Gefühl für experimentelle Multimedia-Projekte, Konzerte und Installationen. In der Zusammenarbeit mit Instrumentalisten und Künstlern entstanden Werke mit Live-Elektronik, die mit ihren verdichteten Klangkonglomeraten auf den Sound urbaner Räume verweisen – hämmernde Rhythmen brechen überraschend in einen subtilen Klang ein, der sich zwischen zerbrechlicher Luzidität und harmonischer Tiefe bewegt. Das Genregrenzen überschreitende Interesse Korabiewskis zeigt sich insbesondere in der Zusammenarbeit mit der dänischen Künstlerin Litten. Es entstand ein multimediales Künstlerbuch, das tiefdunkle, aber auch aufregend lebendige Atmosphären schafft, die mit Augen, Ohren und Fingern erkundet werden wollen. Der Klang des Buches ist durch meditative, sich langsam entwickelnde Übergänge charakterisiert, die trotz des minimalistischen Klangszenarios die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich ziehen und mit den Illustrationen von Litten eine ganz eigene Wahrnehmungssituation schaffen.
Korabiewski sucht nach ästhetischen Räumen. Waren es in Polen und Dänemark urbane Szenen, so ist es mit der Gründung des Skàlar Centers für Klangkunst und experimentelle Musik im Osten Islands nun die Tiefe der (Klang-)Landschaft. In der visuellen sowie akustischen Weiträumigkeit Islands beschäftigt ihn vor allem das Durchdringen und Verzerren von Klängen, die Komplexität von Klangatmosphären/soundscapes und die Wahrnehmung solcher Strukturen. Dabei nutzt der Künstler Feldaufnahmen, bearbeitet diese oder mischt sie mit elektronischen Klängen, sodass »cinegraphische Soundscapes« für bestimmte visuelle Kontexte geschaffen werden, die zum Spiel mit der Wirklichkeit und unserer Wirklichkeitswahrnehmung einladen. Im Versuch, die »Essenz« eines Gegenstandes oder einer Situation zu erfassen, entwickelt Korabiewski im Zusammenspiel verschiedener Medien eine, wie er es nennt, »abstrahierte Version der Realität«.
Text: Fabian Czolbe, 2014