Yongming
Zhai
Zhai Yongming wurde 1955 in Chengdu, China, geboren. Sie gehört neben Shu Ting und Wang Xiao Ni zu den großen zeitgenössischen Dichterinnen Chinas.
In Chengdu betreibt sie das Café „Weiße Nächte“, dessen Namen sie als eine Verbeugung vor der russischen Literatur und vor St. Petersburg versteht. In ihrem Café stellt sie bildende Künstler vor, präsentiert Video-Arbeiten und Performances. Mit ihrem ersten Gedichtband „Frauen“ (1986) sorgte sie in den literarischen Zirkeln Chinas für Aufsehen. Dem schwierigen Zyklus gab sie ein poetologisches Bekenntnis bei, das sie „Das nächtliche Bewusstsein“ nannte und das ihr den Ruf einer Feministin einbrachte. Die Erfahrungen ihrer Auslandsaufenthalte – von 1990 bis 1992 lebte sie in New York, 2000 in Berlin – sind ebenso immer wieder Gegenstand ihrer Gedichte wie Politik, gesellschaftliche Zwänge, die Schrecken der Kulturrevolution und der Abgesang auf den Kommunismus („Sonne, ich zweifle…“ beginnt ein Gedicht). Manche Kritiker erkennen einen Bruch zwischen den frühen, sehr verdichteten, schmerzhaften, hochdramatischen Gedichtzyklen und dem späteren, zum Teil im Westen entstandenen Werk, das konkreter sei, auf „reale“ Situationen bezogen, teils mit lakonischen, nachvollziehbaren Dialogen und einem narrativen Parlando.
Zhai Yongming gehört zu den produktivsten, anspruchvollsten aber auch den stillsten der neuen Dichterinnen Chinas. Der Stil ihrer Gedichte wird oft als schwarze Schreibweise bezeichnet, ohne dass dies mit Defätismus gleichzusetzen wäre. Vielmehr setzt sich Zhai Yongming vor allem am Beispiel der Frau, kritisch und ästhetisch sehr anspruchsvoll, mit der (Selbst-)Gefährdung des Menschen und den Grundproblemen der menschlichen Existenz auseinander.
Jahrbuch der Lyrik 1990/1991
Luchterhand, München 1991
Kaffeehauslieder
Aus dem Chinesischen und mit einem Nachwort von Wolfgang Kubin
Weidle Verlag, Bonn 2004